Community News
Muslimische Communities helfen oft unbürokratisch und arbeiten zumeist abseits der Öffentlichkeit an der Integration von Flüchtlingen. Sie sind eine wichtige Schnittstelle innerhalb der Gesellschaft. Was aber tut sich hier?
Text: Ibrahim Yavuz
Alle gegen Terror
Aus ganz Österreich trafen im vergangenen Juni sich knapp 300 Imame in Wien, um gemeinsam eine Deklaration gegen Extremismus und Terror zu verkünden. Bei der Präsentation vor dem Islamischen Zentrum Wien hielt Imam Ramazan Demir eine Rede, in der Anschläge weltweit verurteilt wurden. Die Veranstaltung wurde positiv in der Öffentlichkeit aufgenommen. In Deutschland gab es eine ähnliche Initiative, als die Autorin und Lehrerin Lamya Kaddor zu einem Friedensmarsch in Köln unter dem Motto „Nicht mit uns“ aufrief. Das mediale Interesse war hoch, allerdings erteilten nacheinander große islamische Verbände der Teilnahme am Protestmarsch eine Absage. Sie begründeten das damit, dass muslimische Verbände in ganz Deutschland schon immer gegen Terror protestiert hatten – und zwar nicht durch Zurufe von Außen: „Forderungen nach muslimischen Anti-Terror-Demos greifen zu kurz, stigmatisieren die Muslime und verengen den internationalen Terrorismus auf sie – das ist der falsche Weg und das falsche Zeichen, denn diese Form der Schuldzuweisung spaltet die Gesellschaft“, hieß es in der Absage des Dachverbandes DITIB in Deutschland. Schließlich kamen zum Friedensmarsch etwa 1.000 statt der erwarteten 10.000 Menschen. Lamya Kaddor nahm es gelassen und meinte: Was zählt, ist doch die Botschaft!
Ausschmückung
Im Juli war es dann soweit: Die von Außenminister Sebastian Kurz in Auftrag gegebene Studie zu islamischen Kindergärten wurde präsentiert. Kurz darauf wurden dem FALTER zugespielte Infos bekannt, wonach die Studie im Ministerium nachträglich inhaltlich verändert wurde. Zu Beginn leicht verunsichert, verlautbarte Aslan wenig später, dass die Änderungen mit seinem Einverständnis erfolgte waren. Die Abänderungen sind teils gravierend und lassen vermuten, dass man bereits mit einer bestimmten Erwartungshaltung an die Studie herangegangen war. Ein Beispiel: Im Original hieß es: „Muslimische Eltern wollen für ihre Kinder in islamischen Kindergärten „Werte wie Respekt, Gelassenheit, Individualität des Kindes, Hygiene, Zufriedenheit, Pünktlichkeit, Liebe, Wärme und Geborgenheit, Selbständigkeit und Transparenz der Regeln.“ Ein Ministerialbeamter änderte diesen Satz inhaltlich so ab: „Besonders wichtig ist ihnen, dass den Kindern islamische Werte vermittelt werden.“
Nun hat die Universität Wien, unter deren Obhut die Studie für 36.000 Euro durchgeführt wurde, eine unabhängige Kommission beauftragt. Es geht darum, die Wissenschaftlichkeit der Studie zu überprüfen. Der Verdacht einer Täuschungsabsicht steht im Raum. Eine andere Frage ist, wie man in Österreich damit umgeht. Würde die Prüfkommission eine Irreführung feststellen hätte das – zumindest in Deutschland – den Rücktritt des zuständigen Ministers zur Folge. Nun wird Kurz als Bundeskanzlerkandidat hoch gehandelt und aus seiner Sicht ist nur zu hoffen, dass die Prüfergebnisse erst nach den anstehenden Wahlen
bekannt werden. Da ist die Öffentlichkeit bereits mit einem anderen, vielleicht wichtigeren Thema beschäftigt.
Es geht aber auch um die Glaubwürdigkeit des Erstellers der Studie, Ednan Aslan. Kürzlich hat der Kurier über eine andere Studie Aslans zur Religiosität von inhaftierten Extremisten berichtet. Für die Studie wurden 29 Extremisten befragt. Das Ergebnis, laut Aslan: Die... Annahme, dass radikalisierte Personen mehrheitlich über eine geringe Kenntnis der Religion verfügen, hat sich in der Studie nicht bestätigt.“ Dem widersprechen namhafte internationale Wissenschaftler und stellen das Ergebnis als „nicht wahrheitsgemäß“ in Zweifel.
Betraum in Zentrumsnähe
Nachdem das Afro-Asiatische Institut (AAI) seine Tätigkeiten in Wien eingestellt hatte, verlor die Stadt auch die Moschee, die mit ihrer Nähe zur Hauptuniversität und zum Stadtzentrum eine besondere Stellung besaß: Ein kleiner Raum im 1. Stock des AAI in der Türkenstraße im 9. Wiener Gemeindebezirk. Nun aber gibt es eine neue Initiative, um eine Universitätsmoschee namens Iqraa zu gründen. Das Unternehmen wird von der IGGiÖ unterstützt und womöglich wird bald vor allem dem Bedürfnis der muslimischen Studierenden aber auch Touristen nachgegangen, die in der unmittelbaren Nähe zum Stadtzentrum sonst kaum geeignete Möglichkeiten zum Verrichten ihrer Gebete finden.
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