Community News
Muslimische Communities helfen oft unbürokratisch und arbeiten zumeist abseits der Öffentlichkeit an der Integration von Flüchtlingen. Sie sind eine wichtige Schnittstelle innerhalb der Gesellschaft. Was aber tut sich hier? Text: Ibrahim Yavuz
Das AAI sperrt zu – und damit Wiens erste Moschee
„Das Afro-Asiatische Institut (AAI) in Wien wurde 1959 von Kardinal Dr. Franz König als Treffpunkt von Menschen aus aller Welt gegründet“, heißt es auf der Homepage des AAI. Daraus entwickelte sich im Lauf der Jahre ein Ort des Dialogs und des Austauschs. Gökhan Kaya, der die Mensa und das Kaffeehaus im AAI leitet und selbst ein ehemaliger Stipendiat des Hauses ist, fügt hinzu: „Nichts konnte den Frieden im Hause des Afro und der Umgebung hier in der Türkenstraße aus dem Ruder bringen. Das AAI war jahrzehntelang das Zentrum und das Zuhause für Studierende aus Afrika und Asien, die nach Wien gekommen sind.“ Kaya selbst wohnte damals an dem Ort, wo er nun seine umgebaute Wohnung als Café betreibt. Schon in den 1960er- Jahren organisierten arabische Studierende im AAI auch eine kleine Moschee. Sie dürfte als erste Moschee Wiens in die Geschichtsbücher eingehen. Es handelte sich eher um einen kleinen Raum, wo man sich zum Freitagsgebet treffen konnte. Heuer ist es der Veranstaltungssaal des AAI, der für die Freitagsgebete zur Verfügung gestellt wird. 120 bis 150 Personen beten jeden Freitag dort, sodass sich mit der Zeit eine Gemeinde entwickelt hat. Protektor des Hauses ist Kardinal Christoph Schönborn. Noch zu finden im Haus: ein Hindutempel und eine kleine Kapelle, wo Gläubige sich zurückziehen können. Weil die Fördergelder reduziert wurden, werden mit Juli 2016 die Abteilungen Bildung und interreligiöser Dialog des AAI geschlossen bzw. verlegt. Fraglich ist, was mit den Räumen der Stille passiert. Werden sie überhaupt weiterhin existieren können? Das AAI hat jahrelang Studierende aus der ganzen Welt betreut, finanziell unterstützt und ihnen ein neues Zuhause gegeben. Das Café, die Mensa und das Studentenheim bleiben erhalten. Die Seele des Hauses wird jedoch leider verloren gehen. So lautete doch bis heute das Motto des Kaffeehauses: „Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.“ (Guy de Maupassant) Noch einmal möchte das AAI Wien am 24. Juni alle Freunde und Interessenten zu einem Abschied einladen, um den Geist und die Kultur des Miteinanders aufleben zu lassen. Kaya ist zwar ein wenig betrübt, aber dennoch zuversichtlich: „Das Café-Afro-Team möchte weiterhin den Raum für Begegnungen schaffen und somit den Geist des AAI weiter aufrecht erhalten.“
Übergriffe auf MuslimInnen: Neue Dokustelle
Seit mittlerweile über einem Jahr gibt es nun auch eine Dokumentationsstelle für Muslime in Österreich, die rassistische Übergriffe auf MuslimInnen dokumentiert. Elif Öztürk ist die Sprecherin des Projekts, das die Initiative Muslimischer ÖsterreicherInnen in Kooperation mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) gegründet hat. Die Arbeit der Dokustelle wird zusätzlich durch private Spendengelder finanziert, erklärt Elif Öztürk. 2015, also im ersten Jahr, wurden 156 Fälle von Islamfeindlichkeit dokumentiert großteils ging es dabei um verbale Angriffe auf muslimische Frauen. Die Hauptaufgabe bestehe darin, die Vorfälle in Kategorien einzuordnen, zu archivieren und in einem Bericht zu dokumentieren. Betroffene werden beraten oder weiter vermittelt, etwa wenn es um Diskriminierung oder Strafdelikte geht. Fallweise begleite man die Leute auch bis zur Polizei, so Öztürk. Durch Info-Veranstaltungen und Social Media versuchen die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen die muslimische Basis zu erreichen. Geplant ist, dass die Dokustelle jährlich einen Bericht zu antimuslimischem Rassismus herausbringt. Vorfälle können über das Online-Formular auf der Homepage der IGGiÖ, über ein Dokuphone (0676 404 00 05), über Facebook oder per E-Mail gemeldet werden. Nun geht es darum, Kontinuität und Professionalität in diese wichtige Arbeit, die bislang ehrenamtlich erbracht wird, zu bringen. Bleibt zu hoffen, dass es in Zukunft mehr Mittel dafür gibt.
Gesellschaftliche Realität
Sie ist Anwältin, langjährige Bundesrätin und wurde nun vom neuen Kanzler Christian Kern als Staatssekretärin nominiert. Vielleicht fiel sie Kern auch aufgrund ihrer Kritik an Vorgänger Faymann auf. Dass die in Wien geborene Muna Duzdar auch das erste muslimische Regierungsmitglied in Österreich ist, ist als Anerkennung der gesellschaftlichen Realität zu sehen. Der Boulevard scheint dort aber noch nicht angekommen: Palästinenserin als Staatssekretärin titelte das Gratis-Blatt „Österreich“.
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