Der ÖIF ist stolz drauf
Der Österreichische Integrationsfonds soll MigrantInnen bei der Integration behilflich sein. Die Maßnahmen die er dafür trifft, sind teils fraglich. | Text: Sonja Dries
Ende 2014 geisterte plötzlich der Hashtag #stolzdrauf durch die sozialen Medien. ÖsterreicherInnen mit oder ohne Migrationshintergrund posteten Selfies und verrieten, was sie an Österreich stolz macht. Das ganze stellte sich als Kampagne des Außen- und Integrationsministers Sebastian Kurz gemeinsam mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) heraus. Die Aktion, die laut ÖIF die Offenheit und Willkommenskultur in Österreich fördern sollte, verschlang allerdings auch einiges an Kosten, wie jetzt eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Alev Korun ans Licht brachte. 326.028,70 Euro wurden laut Kurz‘ Beantwortung alleine für die Bewerbung der Kampagne in österreichischen Medien ausgegeben. Der Standard geht nach eigenen Berechnungen sogar von Gesamtwerbekosten in Höhe von 450.300 Euro aus. 120.000 Euro trug dabei der ÖIF, wie Kommunikationsleiterin Franziska Troger bestätigt. Die Frage steht im Raum, warum die Organisation ihr begrenztes Budget für diese Art von PR ausgibt und ob sie ihre ursprüngliche Aufgabe, die Betreuung von Flüchtlingen und deren Integration, damit erfüllt.
Der ÖIF war 1960 vom UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR und dem Bundesministerium für Inneres gegründet worden, um der Flüchtlingsbetreuung nach der Ungarn-Krise 1956 einen institutionellen Rahmen zu geben. Nach und nach wurde der Fonds auch für die Integration von MigrantInnen verantwortlich. Ein wichtiger Teil waren dabei anfänglich so genannte Startwohnungen. Personen mit positivem Asylbescheid bekamen die Möglichkeit ein Jahr in einer kleinen Wohnung mit geringer Miete zu leben, wenn sie sich bereit erklärten, sich sozialarbeiterisch betreuen zu lassen und an einem Deutschkurs teilzunehmen. An die 240 Personen lebten nach diesem Konzept im Kardinal König Integrationshaus in Wien-Simmering bis es 2009 geschlossen wurde. Laut Troger vom ÖIF war es mit zu hohen Kosten verbunden, die weniger in die Integration der BewohnerInnen als in die Instandhaltung und Energieversorgung des Hauses flossen. Außerdem lautete die neue Strategie des Integrationsfonds plötzlich mobile sprachliche Integration statt Wohn-Integration. MigrantInnen sollten zukünftig individuell an den Integrationszentren und Welcome Desks beraten, die Bereiche Bildung und Arbeitsmarkt stark gefördert werden. Das Konzept Startwohnung wurde verworfen, die BewohnerInnen mussten das Haus verlassen.
Sprachförderung stagniert
Das neue Steckenpferd des ÖIF wurde die Sprachförderung. Er bietet eigene Deutschkurse an, außerdem fördert er externe Kurse von dafür zertifizierten Instituten. 2015 stehen dem ÖIF 9,1 Millionen Euro vom Integrationsministerium zur Verfügung. 5,4 Millionen Euro werden in Maßnahmen wie die Sprachförderung investiert. Obwohl sie eine der Prioritäten des Integrationsfonds ist, konnten im März dieses Jahres keine neuen Sprachförderungsanträge mehr angenommen werden. „In den letzten Monaten zogen sich andere große Fördergeber sukzessive aus dem Bereich zurück, zugleich sind die Zahlen von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten in Österreich stark gestiegen“, erklärt Franziska Troger die wachsenden Antragszahlen beim ÖIF. Alleine im Januar und Februar wurden 3.300 Anträge eingereicht, was einer Versechsfachung im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres entspricht. Inzwischen wurde die Warteliste allerdings abgearbeitet und neue Anträge können angenommen werden. Innen-, Sozial- und Integrationsministerium haben letzten Monat außerdem eine Finanzierung von 7.300 neuen Kursplätzen zugesagt.
Doch wenn die Ressourcen scheinbar so knapp sind, warum investiert man in eine PR-Kampagne wie #stolzdrauf? Der ÖIF rechtfertigt sich damit, dass die Aktion vom Market Institut evaluiert wurde und 86 Prozent der befragten Menschen mit und ohne Migrationshintergrund es demnach sinnvoll fanden, dass auf das Thema Heimat und Identität aufmerksam gemacht wurde. Gleichzeitig zeigt die Befragung aber auch, dass gerademal vier von zehn Personen angaben, die Kampagne hätte ihr eigenes Österreichbild positiv beeinflusst. Der ÖIF ist trotzdem stolz drauf.
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