Asyl-Grundversorgung für alle
NEIDDEBATTE. Wie dem immer wieder aufkeimenden Neid gegen Asylsuchende ein Riegel vorgeschoben werden könnte. HANDLUNGSBEDARF | Kommentar: Alexander Pollak
Die Tageszeitung „Heute“ bringt einen Artikel über „Armut in Österreich“. Porträtiert wird Johann F., der nach einem Schlaganfall und Jobverlust von der Mindestsicherung leben muss. Unter der Online-Version des Artikels wird viel gepostet, vor allem darüber, wie gut es den Asylsuchenden geht. Diese würden freie Kost, Unterkunft, Arzt, Dolmetscher und Taschengeld erhalten, während die „echten Österreicher“ vom Staat im Stich gelassen würden.
„Zu wenig Luxus“
Die PosterInnen kommen zum Schluss, dass Asylsuchende die wahren Privilegierten in Österreich sind. Geschürt werden solche absurden Ansichten durch die FPÖ und durch Falschberichte in Medien. So verbreitete die Kärnten-Ausgabe von „Österreich“ einen Artikel, in dem behauptet wurde, dass es einen „Aufstand von Flüchtlingen“ gegeben habe, weil sie in ihrem Quartier „zu wenig Luxus“ gehabt hätten. Nachforschungen von SOS Mitmensch ergaben, dass es sich bei dem – in gehässigem Tonfall geschriebenen – Artikel um eine Aneinanderreihung von Unwahrheiten handelte.
Der Kärntner Polizeisprecher stellte auf Nachfrage hin klar, dass es keinen Aufstand gegeben hatte, auch keine Diskussion über „zu wenig Luxus“. Syrische Flüchtlinge hatten es lediglich gewagt, sich zu erkundigen, ob es Internetzugang gibt, damit sie Kontakt mit ihren Angehörigen aufnehmen können. Trotz dieser Richtigstellungen des Polizeisprechers verbreiteten FPÖ-Politiker wie Strache oder Gudenus den Falschartikel in Sozialen Netzwerken. „Dankbarkeit sieht anders aus!“, postete FPÖ-Obmann Strache auf Facebook, und löste damit eine Welle an teils rabiaten und neonazistischen Hasspostings gegen AsylwerberInnen aus.
Let’s get rich! 40 Euro Taschengeld
Ähnliches spielte sich ab, als die Salzburg-Ausgabe der Kronenzeitung am Titelblatt berichtete, dass eine betagte Österreicherin aus ihrer Wohnung ausziehen müsse, damit Asylsuchende im Rahmen ihrer Grundversorgung einziehen können. Auch dieser Bericht war von vorne bis hinten von Fehlern durchsetzt. Als er erschien, stand längst fest, dass die Dame in ihrer Wohnung bleiben konnte. Außerdem handelt es sich bei dem Wohnprojekt nicht um eines für Asylsuchende, sondern um eines für anerkannte Flüchtlinge, die keine Grundversorgung mehr erhalten, sondern ganz normal aus ihrem Einkommen Miete zahlen müssen. Darüber hinaus wusste die Mindestpensionistin von Anfang an, dass sie nur einen befristeten Vertrag hat. FPÖ-Obmann Strache ließ auch diese falsche Geschichte tausendfach auf Facebook kursieren. Was können wir dagegen tun? Zum einen aufklären. Das gelingt jedoch nur zum Teil. Unsere Informationen erreichen nicht alle falsch informierten Menschen, und obsiegen auch nicht immer gegen bereits geschürte Emotionen.
Doch es gibt noch etwas, was getan werden kann. Man könnte die Asyl-Grundversorgung auch für Menschen ohne Fluchtgeschichte öffnen. Alle ÖsterreicherInnen sollten die Möglichkeit haben, in die Grundversorgung zu wechseln, wenn sie glauben, es sei vorteilhaft von der halben Mindestsicherung zu leben beziehungsweise in Massenunterkünften zu wohnen und 40 Euro Taschengeld im Monat zu erhalten. Vielleicht kommt der eine oder die andere dann plötzlich zum Schluss, dass die niedrigen Grundversorgungssätze für Asylsuchende die wahre Schande sind.
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