Entlastungszeuge unerwünscht
Schnell ermittelt
Drei junge Männer gehen die Mariahilfer Straße entlang, einer rempelt einen Entgegenkommenden an, greift ihm in die Jackeninnentasche, ein paar Minuten später halten die drei einen Mann an, der sein Rad schiebt. Der eine verwickelt ihn in ein Gespräch, während die anderen ihm in den Fahrradkorb greifen und sich an einer darin liegenden Jacke zu schaffen machen.
So lautet die Aussage eines Polizisten außer Dienst, der glaubt, dass er die drei bei einem Diebstahl beobachtet hat. Er verständigte seine Kollegen. 22 Tage waren Ioan, Ivailo und Boris* daraufhin im Wiener Landesgericht in Haft. Obwohl sie die Tat bestritten, kein Geschädigter auffindbar war und Ioan bei der Einvernahme darauf aufmerksam gemacht hatte, dass der angeblich bestohlene Radfahrer, „Mike“, ein Bekannter von ihm ist. Die Telefonnummer, die er den Beamten vorlegte, riefen sie nicht an.
Mike Grätzner, um den es hier geht, ist ein Wiener, der sich in Not geratener Roma-Familien in Wien annimmt. Er kennt Ioans Familie und hatte auf seinem Heimweg mit dem Rad durch die Mahü ein paar Worte mit den dreien gewechselt. Eher zufällig kam er drauf, dass in dem berichteten Diebstahl er selbst der angeblich Bestohlene sein könnte. Dem Gericht musste er sich regelrecht aufdrängen, um gehört zu werden. Erst als er dem Richter eine schriftliche Stellungnahme schickt, wird er als Zeuge geladen. Bei der Verhandlung am 22. Oktober wurden die drei Männe freigesprochen. Von der Aussage des Polizisten blieb nicht viel außer Zweifel an seiner Beobachtungsgabe.
Text: Martina Handler
* Namen von der Redaktion geändert.
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