Internet-Spürnasen
SPOTLIGHT. Wie das Internet ein Tummelfeld rechtsradikaler Gesinnung wird, dokumentiert die Gruppe „Heimat ohne Hass“. Dafür schleicht sie sich auf Facebook-Seiten im Umfeld der FPÖ ein.
Text: Gerfried Balzer
Eine Watchgroup, die vor allem Netzaktivitäten im Umfeld der FPÖ beobachtet, hat sich unter dem Namen „Heimat ohne Hass“ gegründet. Deren Mitglieder, laut Eigenbeschreibung zählen dazu auch JuristInnen, beobachten Facebook-Seiten wie jene der Freunde der FPÖ oder sie dokumentieren, was das rechte Wochenmagazin „Zur Zeit“ gerade so schreibt. Über den eben in Italien verstorbenen Kriegsverbrecher Erich Priebke heißt es etwa: „Sein einziges ‚Verbrechen‘ (sic!) war, dass er an einer Geiselerschießung beteiligt war, die nach der damals gültigen Haager Landkriegsordnung völkerrechtlich gedeckt war.“ Die sogenannte Geiselerschießung war das Massaker an 335 unschuldigen ZivilistInnen, derer bis heute in den Fosse Ardeatine an der Stadtgrenze von Rom gedacht wird. Geschichtsrevisionismus, Reinwaschungen „ehrbarer“ Persönlichkeiten und Verunglimpfungen von Muslimen und politischen GegnerInnen – so sieht das ideologische Feld aus, das die Gruppe „Heimat ohne Hass“ akribisch zu dokumentieren versucht. Bereits in den ersten sechs Wochen dieses Jahres stellte die Gruppe 44 Artikel auf ihre Website. Am 15. Februar ging sie dem Foto eines gekreuzigten Hundes nach, das Ronny Zöchmeister, Landtagskandidat der FPÖ Niederösterreich, auf seinem Profil verbreitet hatte. Der Titel zum Bild: „This is islamic ideology“. „Heimat ohne Hass“ recherchierte und fand heraus, dass es sich um einen Vorfall aus dem katholischen Mexiko handelte, in dem die Behörden bereits aktiv geworden waren. Die NetzaktivistInnen dazu: „Schade, dass Herr Zöchmeister diese hetzerische Lüge teilt, ohne selbst nachzurecherchieren.“
Die FPÖ befreien
Schon seit längerer Zeit nehmen verhetzende Postings und Rundmails im Internet zu. Dabei geht es vor allem um verschiedene Bevölkerungsgruppen in Österreich. Die Mitglieder von „Heimat ohne Hass“ halten fest: „Ein Großteil dieser Kräfte hat sich unserer Meinung nach in der FPÖ und deren Dunstkreis gesammelt.“ Zwar wolle man der FPÖ die Existenzberechtigung nicht absprechen, die Entwicklung der Partei sei aber für eine gesunde Demokratie zunehmend problematisch. Wer sich durch die Schmähschriften, die antiislamischen und antisemitischen Ausfälle klickt, die die Gruppe zusammengetragen hat, muss tatsächlich alarmiert sein darüber, was für eine Dunstglocke aus Diffamierungen und Feindbildzuschreibungen sich hier gebildet hat. Tatsächlich hat „Heimat ohne Hass“ einige ihrer Rechercheergebnisse an die Staatsanwaltschaft weitergeschickt, um einen strafrechtlichen Bestand prüfen zu lassen. Der Schutz der Demokratie, dem sich die Gruppe nach eigenen Worten verpflichtet fühlt, wird auch für die FPÖ selbst geltend gemacht. Man wolle diese von „destruktiven Kräften“ befreien. Und weiter: „Wir beschützen die staatstragende Partei FPÖ vor dem rechten Rand. Unser Engagement erfolgt frei von persönlicher politischer Ideologie.“
Die eigene Guerilla-Taktik beschreiben die AktivistInnen so: Über Fake-Accounts schleicht man sich auf Facebook-Seiten, um einerseits unerkannt zu bleiben, und sich andererseits vor Gewalt zu schützen. Dabei sei es durchaus problematisch, seinen Account möglichst „rechts“ zu gestalten, ohne aber selbst Verbotenes zu tun. Am Ende stehen Sachverhaltsdarstellungen, die der Polizei und der Staatsanwaltschaft übergeben werden. Die übelsten Fundstücke aber finden auf der eigenen Facebook-Seite mit 4.000 Likes ihre Öffentlichkeit. Die Verteidigungsstrategien rechter PolitikerInnen klingen indes ein wenig schwach. In einem Gastkommentar bezieht sich der Journalist Hans-Henning Scharsach auf die FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter, die – auf Postings ihrer Facebook-Seite angesprochen – meinte, sie sei nicht verpflichtet, die politische Einstellung ihrer Facebook-Freunde zu prüfen. Was aber solle man auf Seiten prüfen, entgegnet Scharsach, die „großformatige Hakenkreuze, SS-Runen, SS-Sprüche und Nazi-Symbole“ abbilden. Mit der Gruppe von „Heimat ohne Hass“ haben PolitikerInnen mit mangelndem Durchblick nun Unterstützung erhalten.